Das Böllerschießen und die Böllerschützenordnung (BSO)
Das Böllerschießen hat eine lange Tradition. Vor allem in Bayern pflegen 700 Vereine mit etwa 10000 aktiven Mitglieder diesen Brauch, der bis in das 14./15. Jahrhundert zurückreicht. Damals diente das Böllerschießen als Abwehr von Dämonen und Geistern, während er sich heute als Begleiter besonderer Anlässe und Feste eignet. Böllern gilt als Teil des "Schützenwesens in Deutschland" und ist als immaterielles Kulturgut von der Deutsche UNESCO-Kommission anerkannt. Mit dem Böllerschießen wird jeder besondere Anlass zu einem besonderen Spektakel, denn hinter dem Lärm, der oft als solcher verpönt wird, steckt ein tiefgreifender Brauchtum. Das Böllerschießen wird nicht nur zu besonderen Anlässen ausgeübt, sondern auch auf unterschiedliche Art und Weise. So vielfältig die Anlässe und das Böllern also sind, umso vielschichtiger ist auch die Tradition, die hinter diesem wichtigen Brauchtum steckt.
Beim Böllerschießen werden Trachten bzw. historische Uniformen getragen. Da Böllerschützen friedliebende Menschen sind, ist ihnen das Einhalten von Gesetz und Ordnung wichtig. Das Böllerschießen wird deshalb keineswegs zu kriegerischen Handlungen zweckentfremdend, sondern dient einem friedvollen Abschuss. Deshalb wird weder mit militärischen Uniformen geworben sowie nationalistische Tendenzen wie zum Beispiel völkische Reden oder das Vorzeigen von Reichssymbolen nicht toleriert!
Das Böllerschießen kann zwar freiheitlich ausgeübt werden, ist aber gesetzlich geregelt. So bedarf eine Veranstaltung mit Böllerschießen zwar keiner behördlichen Genehmigung, es wird jedoch eine Prüfung jeden einzelnen Schützen vorgenommen. Schließlich erfordert die Handhabung von Explosivstoffen einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang von den Böllerschützen. Für diesen Zweck informiert die Böllerschützenordnung (BSO) über gesetzliche Empfehlungen für das sichere Schießen in der Praxis. Das neue Handbuch dient somit nicht nur als Nachschlagwerk zur Wissenserhaltung, sondern trägt auch zur Nachhaltigkeit dieses Brauchtums bei. Je mehr Menschen sich über den achtsamen Umgang des Böllerschießens beschäftigen, umso eher kann diese Tradition bewahrt werden.
Die digitale 32-seitige Version der BSO steht zum Download bereit:
Anlässe, zu denen das Böllerschießen ausgeübt wird
Es wird zu folgenden Anlässen geschossen:
- Hochzeiten
- Kirchweihen
- Rauhnächte
- Heiligabend
- Neujahr
- Sonnwend
- Beerdigung von Kriegsveteranen
- Volkstrauertag: vor allem in süddeutschen Dörfern werden der gefallenen Soldaten und Opfer beider Weltkriege gedacht
- Fronleichnam, Hagelprozession (sakramentaler Segen)
Arten von Böllern
i. Hand- und Schaftböller
- bestehen aus einem Schaft (aus Holz), dem Schloss mit Abzug und Hahn (Zündhammer), dem Piston zur Aufnahme des Anzündhütchens und dem Rohr
- werden beim Schießen in der Hand gehalten
ii. Muskete mit Luntenanzündung
- zählt ebenfalls zu den Handböllern, wenn sie als Böller beschossen werden
- es handelt sich um einen historischen Vorderlader
iii. Kartuschenkanone
iv. Vorderladerkanone mit mechanischer Anzündung
v. Vorderladerkanone mit elektrischer Anzündung
vi. Vorderladerkanone mit Luntenanzündung
vii. Standböller mit mechanischer Anzündung
- dreirohriger Standböller (Sirius) kommt am häufigsten zum Einsatz, z. B. beim Ehrensalut bei Beerdigungen
viii. Standböller mit elektrischer Anzündung
- einrohriger Standböller kommt am häufigsten zum Einsatz
Zündarten von Böllern
Mechanische Anzündung
- kommt bei Hand- und Schaftböllern zum Einsatz
- Anzündhütchen (Berdananzündhütchen) wird auf das Piston als Teil des Perkussionsschlosses gesteckt
- wenn hohles Piston abgezogen wird, schlägt Hahn (Zündhammer) auf das Piston und Anzündhütchen und entzündet schließlich das Böllerpulver (Perkussionsanzündung)
Elektrische Anzündung
- Strom wird an die Glühbrücke aus Draht angelegt
- diese erwärmt sich aufgrund des Widerstandes und beginnt zu glühen
- pyrotechnischer Primärsatz wird entfacht und das Böllerpulver entzündet
Luntenanzündung
- langsam glimmende Anzündschnur (Lunte) wird in Anzündpfanne abgesenkt, womit sich Anzündmittel (Zündkraut) entzündet
- brennt durch den Zündkanal bis zum Böllerpulver ab und entzündet es
Zündhilfsmittel
Die Zündhilfsmittel dienen der nicht-detonativen Anzündung.
Anzündhütchen
- wird bei Böllergeräten mit mechanischer Anzündung eingesetzt
- wird durch einen Schlag gezündet, wenn Hahn (Zündhammer) oder Schlagbolzen Anzündhütchen trifft und Anzündsatz gegen Amboss quetscht
- es wird zwischen außenliegenden und integrierten Arten und zwischen Anzündzündhütchen mit Berdan- oder Boxeranzündung unterschieden
Satzauslöser
- elektrische Anzündmittel (Brückenanzünder)
- werden zum elektrischen Anzünden von Böllerpulver bei einrohrigen Standböllern und Vorderladerkanonen benutzt
- sind im Gegensatz zu Sprengzündern nicht sprengkräftig
- bestehen aus einer Glühbrücke, die mit mehreren pyrotechnischen Sätzen beschichtet ist (Anzündpille)
- sind Bindeglied zwischen batteriebetriebenen Anzündvorrichtung und Böllergerät
Anzündschnur (Lunte)
- langsam glimmende Anzündschnur, die durch Kochen in einer Salpeterlösung nitriert wurde
- wird zum Anzünden von Böllern bei historischen Vorderladern (Musketen) und Böllerkanonen benutzt
Arten des Schießens
Je nach Anlass werden nur wenige einzelne Schüsse oder mehrere Hundert Schüsse abgegeben. Es wird in einer bestimmten Reihenfolge geschossen, die vom Schützenmeister vorgegeben wird.
Das sind die Grundformen der Salven:
- Lauffeuer: wird im gleichen Takt geschossen
- Schnellfeuer: wird im gleichen, unmittelbar hintereinanderfolgenden Takt geschossen
- Salutschuss: wird von allen Schützen gleichzeitig ausgeführt
- Das Rad: es wird mit zunehmender Geschwindigkeit geschossen
- Doppelschlag: zwei Schützen feuern direkt nacheinander ab und es wird gewartet, bis die nächsten beiden abdrücken
Allgemeine Sicherheitsregeln und –empfehlungen im Überblick
Erlaubnispflicht
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Böller geschossen werden dürfen:
- keine Vorbestrafung
- eine körperliche und psychische Eignung
- ein Alter von mindestens 21 Jahren
- ein Fachkundenachweis (Voraussetzung hierfür ist eine ein Jahr lang gültige Unbedenklichkeitsbescheinigung) und Bedürfnisnachweis
Der Fachkundelehrgang dauert zwei Tage und umfasst zehn Lehreinheiten á 45 Minuten. Sie schließt mit einem theoretischem und praktischen Teil ab. Der Fachkundelehrgang beinhaltet folgende Themen:
- Verwendung von Böllerpulver zum Böllern (Handböller, Standböller, Böllerkanone)
- Aufbewahren, Verbringen und Vernichten von Böllerpulver
- Transport, Überlassen und Empfangnahme von Böllerpulver
- Erwerben von Böllerpulver
Alle Voraussetzungen müssen für die Erlaubnis erfüllt sein. Läuft die Gültigkeit der Erlaubnis ab (i. d. R. nach fünf Jahren), ist das Verwenden von Böllern verboten. Der Erwerb und Umgang mit Böllerpulver stellt zudem ohne gültige Erlaubnis einen Strafbestand dar.
Allgemeine Sicherheitsanforderungen
- sichere Aufbewahrung
- Schutz vor großer Erwärmung
- Schutz vor gefährlichen Einwirkungen
- Schutz vor Diebstahl
Allgemeine Sicherheitsempfehlungen
- geeigneten Schießplatz auswählen (Sicherheitsbereiche)
- auf Lärmschutz (Gehörschutz) achten und Lärmbelästigung vermeiden
- nur intakte Böllergeräte verwenden
- nicht-entzündliche Schießvorlagen verwenden
- nur intaktes Böllerpulver verwenden
- Laden und Schießen sind nur von böllerschießenden Personen mit Erlaubnis durchzuführen
- Brandgefahren ausschließen